Datenschutz

Überblick zum Thema Netzsperren

11.05.2009

Ich glaube, was ich zum Thema Netzsperren zu sagen habe, habe ich bereits gesagt. Ich habe daher keine Lust, jetzt hier altes neu aufzuwärmen.

Ich möchte aber versuchen, eine Sammlung verschiedener News & Meinungen, für alle Seiten, zusammen zu stellen. Ich hoffe, es nützt, nicht nur den Kritikern um sich aufzuregen, sondern auch den Befürwortern, sich einen Gesamteindruck zu verschaffen. Die folgenden Links dienen einer wertungsfreien Übersicht, ich möchte damit helfen, sich eine Meinung zum Thema zu bilden oder seine vorhandene Meinung noch einmal ab zu klopfen.

News & Fakten

Als Einstieg in das Thema, ohne echte Wertungen, fand ich diesen Artikel bei der Süddeutschen noch relativ brauchbar, der beide Seiten aufgreift und neutral darstellt. Wer nicht nur lesen, sondern auch was sehen möchte, mag sich diesen WDR-Bericht ansehen. Neutral und kurz ist zudem der Artikel im Focus sowie bei Tagesschau.de. Dazu Zahlen und Fakten bei SZON.

Aktuell scheint sich abzuzeichnen, dass es zahlreiche Ausnahmen geben soll, vor allem bei kleinen und behördlichen Providern, nachzulesen bei Golem, die mit Millionen Betroffenen rechnen, bei denen der Schutz nicht greift.

Ein wesentlicher Streitpunkt ist das Missbrauchs-Argument, in dem Zusammenhang muss man diesen Artikel bei Heise gelesen haben, in dem auf eine Sperrliste aus Australien verwiesen wird und analysiert wird, was dort genau gesperrt wurde/wird.

Der Gesetzentwurf selbst wurde vom Bundeskabinett inzwischen abgesegnet. Es sollen nun auch Zugriffe auf die Stopp-Seiten mitgeloggt werden und die Daten zur Strafverfolgung eingesetzt werden. Dabei sollen die Zugriffe auf Stopp-Seiten durchaus auch in Echtzeit überwacht und als Anfangsverdacht genutzt werden. In dem Zusammenhang muss nochmals daran erinnert werden, dass die Bundesministerin selbst ihre Maßnahme damit begründet hat, dass es zufällige Zugriffe geben soll, die gar kein Interesse haben und mit den Stopp-Seiten geblockt werden sollten – warum man dem nun mit einem Anfangsverdacht begegnen will, wird nicht erläutert.

Ebenso sollen mittelbare Links gleichsam gesperrt werden. Dabei äußert die Bundesjustizministerin inzwischen erhebliche Sorgen, dass die Sperrliste auch auf andere Inhalte ausgeweitet wird und Begehrlichkeiten geweckt werden, was auch anderen Ministern Sorgenfalten bereitet. Bestätigt hat sich dies inzwischen, so wird laut nach der Sperre von Seiten gefragt, die Urheberrechtsverletzungen begehen (könnten) sowie unerlaubtes Glücksspiel offerieren. Ebenfalls wurde dies für Jugendpornographie gefordert. Weiterhin ist zu erwarten, dass dieses System EU-weit kommen wird.

Die Familienministerin geht dabei in einem Interview so weit, all diejenigen, die einen alternativen DNS eintragen, automatisch als schwer kriminelle zu bezeichnen, die sogar automatisch pädophile sein sollen. Solche Statements hält sie inhaltlich weiterhin bei. Inzwischen gibt es aber auch Stimmen aus der regierenden Koalition, die mahnen, die Argumente der Kritiker zu beachten. Dazu passt die Meldung, dass die Ministerin die “Talkshow-Queen” ist, da sie am häufigsten (bisher 22 Mal) in Talkshow-Runden zu sehen war – hier lässt sich ein besonders auf Öffentlichkeitswirksamkeit optimiertes Handeln erkennen, was gerade der Ansatz der Kritiker beim Thema “Netzsperren” ist.

So oder so soll es noch dauern bis es umgesetzt ist: Die Telekom macht technische Hürden verantwortlich und stellt in Aussicht, dass ein entsprechendes System erst in Monaten verfügbar sein wird. Jedenfalls FDP und Grüne haben sich gegen Netzsperren ausgesprochen, sollte die Verzögerung also bis nach der Bundeswahl andauern ist fraglich, was aus dem Projekt wird.

Diskussion im Bundestag

Interessant kann es auch sein, sich die Diskussion im Bundestag zum Thema durchzulesen, man braucht aber Zeit um es zu lesen.

Inzwischen fand im Bundestag die erste Lesung samt Diskussion statt, die Redebeiträge sind einzeln auf Youtube zu finden. Die Diskussion wird auch schon thematisiert, dazu die folgenden Beiträge:

Meinungen: Presse

Es gibt inzwischen eine Flut von Kommentaren zum Thema. Wenn man sich die Kommentare aus Aachener Nachrichten und Aachener Zeitung kurz durchliest – hier von mir eingestellt – hat man erstmal einen schnellen guten Überblick beider Positionen. Vertiefend nun weitere Meinungen, zuerst “pro Netzsperren”:

Hier nun “contra” oder zumindest kritisch:

Meinungen: Juristische Blogs (Blawgs)

Eine gesonderte Übersicht über Meinungen und Diskussionen der Blawgosphäre:

Meinungen: Blogs

Eine Auflistung ausgewählter kritischer Artikel zum Thema :

Spezial: Opfer und Verbände

In der Zeit findet sich ein Interview mit dem Vertreter eines Vereines (MOGIS), der von Missbrauchsopfern gegründet wurde und sich kritisch zum Thema äussert (ebenfalls Tagesspiegel). Ebenfalls kritisch äussert sich CareChild. Beide verweisen darauf, dass es Server in Deutschland gibt, gegen die nicht vorgegangen wird. Der MOGIS-Sprecher hat das Bundesfamilienministerium sdogar auf einen konkreten Server aufmerksam gemacht, wobei das Ministerium wenig Aktivitäten zeigte, den abzuschalten (Dazu das Interview bei Golem beachten)

Die großen Verbände, darunter Kinderschutzbund, UNICEF und Deutsche Kinderhilfe begrüssen den Schritt laut Welt.de. Die deutsche Kinderhilfe hat nun auch einen Aufruf pro Sperr-Gesetz gestartet. Dabei sollte man unbedingt die Analyse “Deutsche Kinderhilfe – wer ist das?” einmal in Ruhe lesen, um deren Stellungnahmen insgesamt zu hinterfragen.

Der Branchenverband Bitkom hat zwischenzeitlich eine umfassende Stellungnahme abgegeben (Bericht bei Heise) in dem Änderungen gefordert werden und mit Kritik nicht gespart wird.

Zusätzlich gibt es Forderungen mehrer Verbände (u.a. VBE), die eine Verschärfung fordern, zu finden ist das hier.

Spezial: Die Umfrage

Inzwischen geistert eine Umfrage der deutschen Kinderhilfe durch die Presse (etwa hier bei der Welt), die erklärt, 92% der Deutschen haben kein Problem mit der Sperrung von Kinderpornographie. Bei dieser Umfrage aber muss man bedenken, dass schon die Frage falsch ist, da die Vorwürfe (fehlende Transparenz & Kontrolle, Missbrauchsgefahr) mit dieser Frage gar nichts zu tun haben.

Kurz danach hat eine weitere Umfrage (durch das gleiche Institut!) bewiesen, dass über 90% der Deutschen keine (nicht-funktionierenden) Netzsperren wünschen – die suggestiven Fragen der Kinderhilfe haben diesen Wert künstlich erzeugt. Eine detaillierte Darstellung dazu findet man bei der ZEIT.

Zum Thema:

Hinweis: Aktionen

  • Der CCC erklärt, wie man seine DNS-Einstellungen bearbeitet und zeigt zugleich, wie unwirksam die IDee der “Sperre” via DNS-Umleitung ist (dazu auch dieses Interview beachten)
  • Auch der FoeBUD bietet einen eigenen DNS an
  • CareChild hat mit einer Aktion demonstriert, dass man Server in kürzester Zeit abschalten lassen kann, wenn man denn will – nachzulesen hier
  • Bei Youtube findet sich ein Video, wie man solche Sperren umgeht
  • Die Seite https://zensurprovider.de erarbeitet eine Übersicht, wer sperrt und wer nicht
  • Die http://stoppseite.de/ versucht einen anderen Weg, um über das Thema aufzuklären
  • CCC ruft zur Klage auf
  • Gruppe zum Thema bei Facebook
  • Es gibt eine Petition, mit der man sich postieren kann, dazu das Interview mit der Haupt-Petentin. Dazu gehört auch die Diskussion, in wie weit so eine Petition sinnvoll ist, wobei die Argumente, dass man damit wenigstens deutlich macht, dass es eine breite Front von Kritikern gibt die gehört werden wollen, nicht von der Hand zu weisen sind. Die Reaktionen auf die Petition sind sehr umfassend, einen guten Rundum-Überblick gibt diese Rivva-Auflistung.
  • Auf Youtube wird das Thema mit Lego-Steinen erklärt, zu finden hier
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Kontakt

Rechtsanwalt Dr. Sebastian Kraska,
externer Datenschutzbeauftragter

Telefon: 089-1891 7360
E-Mail: email@iitr.de
www.iitr.de

49 Kommentare zu diesem Beitrag:

Ron

Die Sperren zur Verhinderung von Kinderpornographie sind einfach kompletter Unsinn und ein Tropfen auf einem heißen Stein.Man kann anstatt die Domain zu wählen,einfach die IP eigeben und man kommt auf die entsprechende Seite.Außerdem wird auch vieles über Tauschbörsen und auf dem herkömmlichen Postweg befördert.
Provider müssten gezwungen werden,schon bei der Einrichtung solcher Seiten den Riegel vorzuschieben.Denn alleine,daß Provider solche Webseiten erlauben ist ein Hohn.

ralf schwartz

Hi, bekommst diese Zusammenfassung nochmal in Dein RSS-Feed?
Leider bekommt man Aktualisierungen hier ja gar nicht mit!

Bei der nächsten Aktualisierung ziehe ich den Artikel noch einmal nach oben

ralf schwartz

Danke!

Online-Petition gegen Netzfilter | Stefans Home

Auf dem ePetitions-System des Deutschen Bundestages wurde eine "Anti-Zensursula"-Petition "Internet - Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten" eingerichtet. Wer sich mit den Argumenten gegen eine solche Sperrung vertraut machen will, hier noch einmal in Kürze: [...]

TomBlog

Auf www.providerzensur.de sieht man welche Provider zensieren.

Heiko

Moin,

zur Vervollständigung eurer Linkliste hier ein Beitrag aus dem Handelsblatt, der sich kritisch mit den geplanten Sperren auseinander setzt.

http://www.handelsblatt.com/politik/_b=2234239,_p=6,_t=ftprint,doc_page=0;printpage

Immerhin kann man kaum abstreiten, dass das Thema in den Mainstram-Medien behandelt wurde.

Des weiteren wurde oben zwar MOGIS erwähnt, aber einen Link habe ich nicht entdeckt. Vielleicht bin ich auch nur zu blind. Egal, die Beiträge von MOGIS lohnen sich, da mit gut aufbereiteten Statistiken die – äh – Pressearbeit der Regierung sachlich zerlegt wird.

http://mogis.wordpress.com/

Grüße,

Heiko.

Martin

IMHO auch sehr lesenswert: http://www.jensscholz.com/2009/04/warum-es-um-zensur-geht.htm

Würd mich freuen wenn du es oben dazu machst :)

Kurzer Einwurf zwischendruch weil gerade viele Linkhinweise hier eingehen: Ich überarbeite den Artikel weiterhin, aber nicht täglich, sondern im Schnitt einmal die Woche. Also bitte weiter Hinweise geben, wird alles aufgenommen.

tok

" Die Telekom macht technische Hürden verantwortlich und stellt in Aussicht, dass ein entsprechendes System erst in Monaten verfügbar sein wird."

In einem Telefonat hat mir ein Sprecher der Telekom bestätigt, dass sie die Softwareschnittstelle bauen müssen, mit der das BKA die Filterdaten direkt in die Server einspielen kann. Das und der Aufwand, um mehrere hundert DNS-Server zu synchronisieren, sei Grund für die Verzögerung.

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