Datenschutz

Zensus 2011 auf den Weg gebracht (Update)

24.04.2009

Meldung aus dem Bundestag:

Der Weg zur Verabschiedung des Zensusanordnungsgesetzes 2011 ist frei. Der Innenausschuss hat am Mittwoch dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (16/12219) in einer durch die Fraktionen von CDU/CSU und SPD geänderten Fassung mit den Stimmen der Koalition bei Ablehnung der Opposition zugestimmt. Am Freitag wird der Bundestag in dritter Lesung über die Vorlage entscheiden. Mit dem Gesetz sollen die rechtlichen Voraussetzungen für den registergestützten Zensus (Volkszählung) 2011 geschaffen werden. Die benötigten Daten werden dabei im Wesentlichen im Wege der Auswertung der Melderegister und anderer Verwaltungsregister erhoben. Ergänzend dazu wird es stichprobenartige Haushaltsbefragungen geben.

Dabei wurde auf den letzten Metern noch schnell etwas Lobby-Arbeit betrieben: Die Regierungsvorlage sah eine “1:1-Umsetzung” der EU-Zensusverordnung vor. Darin ist die Abfrage der Religionszugehörigkeit nicht vorgesehen. Sowohl die Kirchen als auch der Bundesrat hatten sich jedoch für eine solche Abfrage, wie es sie auch bei der letzten Volkszählung in der Bundesrepublik im Jahr 1987 gegeben hat, eingesetzt. Dieser Forderung trägt der Änderungsantrag nun Rechnung. Also wird nun doch die Religionszugehörigkeit erhoben – dabei waren die Experten insgesamt auf breiter Front dagegen, Befürworter waren alleine Bundesrat und Kirchen. Selbst der Vorsitzende der Zensuskommission hat sich ausdrücklich dagegen ausgesprochen.

Vorher gab es zur umstrittenen Frage ob die Religionszugehörigkeiten erhoben werden sollen, noch diese Meldung aus dem Bundestag:

Der von Kirchenvertretern geforderten Erhebung der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft im Rahmen der für 2011 geplanten Volkszählung (Zensus) stehen Datenschützer ebenso wie die Zensuskommission ablehnend gegenüber. Das wurde bei einem öffentlich erweiterten Berichterstattergespräches des Innenausschusses am späten Montagnachmittag deutlich. Der dabei diskutierte Gesetzentwurf der Bundesregierung “zur Anordnung des Zensus 2011” (16/12219) sieht ein solches Erhebungsmerkmal nicht vor, da dies auch in der EU-Zensusverordnung nicht vorgegeben sei, die laut Bundesregierung “eins zu eins” umgesetzt werden soll. […]

Karsten Neumann, Landesbeauftragter für den Datenschutz Mecklenburg-Vorpommern lehnte hingegen die auch vom Bundesrat geforderte Erhebung der Religionszugehörigkeit als “aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig” ab. Verfassungsrechtliche Probleme könne er zwar nicht erkennen, sagte Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, doch sehe auch er keine Notwendigkeit, die Erhebungsmerkmale auszuweiten. Dagegen lägen “gute fachliche Gründe” vor. Professor Gert Wagner, Vorsitzender der Zensuskommission, bezeichnete die Aufnahme des Religionsmerkmals als “nicht nötig”. Zudem sei es auch in der Praxis schwierig, welche Religionsgemeinschaft auf dem Fragebogen erscheinen dürfe und welche nicht. Aus Sicht der Zensuskommission sei es sinnvoller, Fragen nach dem Migrationshintergrund und den im Haushalt gesprochenen Sprachen zu stellen.

Vorher von mir zum Thema Zensus 2011:

Update: Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, erklärt hierzu:

„Im Gesetzgebungsverfahren konnte ich erreichen, dass die adressscharfe Zuordnung der Zensusdaten mit Hilfe der im Anschriften- und Gebäuderegister enthaltenen geografischen Koordinaten unterbleibt.
Aus datenschutzrechtlicher Sicht problematisch ist die vorgesehene Datenerhebung in sensiblen Sonderbereichen wie zum Beispiel Krankenhäusern und Haftanstalten. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Volkszählungsurteil empfohlen, in derartigen Bereichen zur Verminderung der Gefahr einer sozialen Abstempelung Erhebungen möglichst in anonymisierter Form durchzuführen. Wenn dieser Empfehlung nicht gefolgt wurde, ist bei der datenschutzrechtlichen Begleitung des Zensus darauf zu achten, dass die Identifizierungsdaten nach der Datenerhebung so früh als möglich gelöscht und somit der konkrete Personenbezug aufgelöst wird.

Meine Mitarbeiter und ich werden die praktische Durchführung des Verfahrens auf Bundesebene intensiv und in enger Kooperation mit den für die Kommunen und die Statistischen Landesämter zuständigen Landesbeauftragten für den Datenschutz begleiten.“

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Kontakt

Rechtsanwalt Dr. Sebastian Kraska,
externer Datenschutzbeauftragter

Telefon: 089-1891 7360
E-Mail: email@iitr.de
www.iitr.de

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