Die Grünen wollen nicht von jedem gewählt werden.
26.06.2009
Es reicht mir jetzt endgültig mit den Grünen. Im Prinzip mag ich sie ja und habe sie immer wieder verteidigt – zuletzt selbst sogar, als sie nicht in der Lage waren, im Bundestag geschlossen gegen das Zensur-Gesetz zu stimmen. Selbst mit der vollkommen zu Recht in der Blogosphäre zerrissenen unfassbaren Erklärung, warum man sich denn enthalten hat, bin ich nicht ins Gericht gegangen, vielleicht auch weil ich da schon nicht mehr weiter wusste.
Es ist keine Netzpolitik, die mich so wütend macht, sondern ein anderes Thema: Die “Frauenpolitik” der Grünen, die irgendwann in den 70ern inhaltlich stehen geblieben ist. Mich erreichte eben eine Mail der Grünen, die klar macht: Auf mich legt man keinen Wert. Das wusste ich schon früher, doch so deutlich war es halt bisher nie.
Vorab zu mir: Spart euch diese Mails, in denen mir die “Lage der Frau” in Deutschland erklärt wird. Ich bin einer von diesen jungen Männern, die es sonst nur im Fernsehen gibt – ich versorge tagsüber meine (übrigens zweite) Tochter, während ich Abends und Nachts für mein Examen lerne. Meine Lebensgefährtin gund Mutter beider Kinder arbeitet – Vollzeit. Natürlich, denn mit meinem kleinen Nebenjob kann man keine Familie ernähren. Das ist eine interessante Tradition: Schon mein Vater erzog mich, während seines Studiums, während meine Mutter Vollzeit arbeiten ging – und sich bis heute in einem von Männern dominierten Umfeld einen Posten erarbeitet hat, der selbst im Jahr 2009 noch etwas besonderes ist. Dazu dann natürlich meine beiden Töchter, die ich sicherlich nicht so erziehe, dass ihre Zukunft von den 3Ks bestimmt werden soll und für die ich mir eine selbstbewusste und selbstbestimmte Zukunft wünsche.
Also verzeiht mir, wenn ich diesem Bild der armen unterdrückten Frau in Deutschland herzlich wenig abgewinnen kann. Mit meiner Lebensrealität hat es nichts zu tun – sehr wohl aber sehe ich, dass im Niedriglohnbereich sowie in sozialen Berufen Frauen ganz klar in der Mehrheit sind. Deswegen setze ich mich ja u.a. für eine Männerpolitik ein, die dafür sorgt, dass jungen Männern beigebracht wird, dass auch Jobs wie Kindergärtner oder Krankenpfleger “echte Jobs” sind und man nicht eher vor dem Fernseher auf der Couch versumpft, als mal den Staubsauger zu bewegen.
Vor diesem Hintergrund, aber auch vor dem Hintergrund meines ständigen Einsatzes für Demokratie und Gleichberechtigung, ist es vielleicht zu verstehen, dass mich eine Mail mit diesem Inhalt (Auszug) aufregt:
Bei den Europawahlen hat das Wahlverhalten der Wählerinnen das gute Ergebnis erst möglich gemacht. In der Altergruppe der Frauen unter 30 wählten 7 Prozent mehr junge Frauen als junge Männer die Grünen und in der Altersgruppe unter 44 liegt der Unterschied immer noch bei 5 Prozent! Das hat uns zu der Idee inspiriert bei den anstehenden Bundestagswahlen erstmalig eine frauenpolitische Aktionswoche des Landesverbandes auszurufen […]
Bündnis 90/ die Grünen ist die einzige Partei mit 50/50 als Prinzip. Wir haben tolle Frauen vor Ort und wir werden immer noch von viel mehr Frauen als Männern gewählt. Das ist eine Frauenaktionswoche und einen Frauenaktionstag wert!
Mal übersetzen: Weil mehr Frauen als Männer die Grünen gewählt haben, sollen die jetzt noch stärker beworben werden – nicht die Männer stärker an die Wahlurnen gerufen werden. Andernorts würde man sich vielleicht Gedanken machen, wie man die Wahlstimmen insgesamt anhebt und dabei den Rückstand der Männer ausgleicht – nicht bei den Grünen, da ist das ganze Grund, noch mehr Frauen aufzurufen.
Garniert wird das Ganze mit der Lüge von dem “50/50”-Prinzip: Wer das Frauenstatut der Grünen mal liest und versteht, der begreift, dass das mit 50/50 nichts zu tun hat. Vielmehr sind 100%-Frauenanteile bei den Grünen ausdrücklich erlaubt, während Männer maximal 50% belegen dürfen. Dabei dürfen Männer keinen ersten Listenplatz belegen – eben weil sie Männre sind. Mit meinem Verständnis des Art.3 GG hat das wenig zu tun.
Wer – so wie ich – eine Politik der geschlechterbezogenen Problemlösungen sucht, dem rollen sich hier die Zehennägel auf: Wir haben zu wenig Männer in sozialen Berufen. Die Krebsvorsorge für Männer ist in unserem Gesundheitssystem auf dem Stand von vor 50 Jahren, Änderungen nicht in Sicht. Es mehren sich Studien zur Überforderung von Jungen in Schulen; die Frage, warum Männer in Kriminalitätsstatistiken weit über 80% der Täter stellen, ist ein gesellschaftliches Tabu-Thema und wird als selbstverständlich hingenommen.
Auf diese drängenden Probleme haben die Grünen nur eine Antwort: Frauen an die Wahlurnen, Männer vernachlässigen.
Diejenigen, die jetzt kreischen, sollten sich zusammenreißen: Ich bin eindeutig für Frauenpolitik. Ich mahne nur an, dass wir heute so weit sind, zu erkennen, dass Gleichberechtigung nur durch eine daneben postierte und thematisch differenzierte Männerpolitik erreicht werden kann. Kein Mann wird Krankenpfleger, weil die Grünen Männer diskriminieren. Junge Männer müssen vielmehr lernen, sich selbst anders wahr zu nehmen – die überaltete Einstellung der Grünen ist insofern nicht nur kontraproduktiv, sie ist für unsere Gesellschaft gefährlich.
Natürlich: Die “Frauenpolitik” der CDU ist mir keine Zeile wert, die SPD ist eindeutig von Männern dominiert. Wenn diese Parteien aber der Maßstab sein müssen, ist es mit den Grünen ohnehin ganz vorbei.
Für mich ist eines klar: Als junger Mann bin ich bei den Grünen unerwünscht. Meine Mitarbeit ist mit Blick auf das Frauenstatut vielleicht geduldet, aber ich muss es wohl als Privileg sehen, als Mann dort überhaupt gewählt zu werden, wobei mir – schön undemokratisch – bestimmte Dinge nur auf Grund meines Geschlechts verwehrt sind (etwa der erste Listenplatz).
Daher mache ich hier eines deutlich: Meine Unterstützung der Grünen endet hier und jetzt. Ich arbeite bei mir im Dorf mit einer Gruppe von Grünen zusammen, das wird auch weiter so bleiben (meine Kritik wird hier übrigens geteilt) – alles andere wird von mir kategorisch abgelehnt. Und ich handle ja offensichtlich ganz im Sinne der Grünen, wenn ich jedenfalls meine männlichen Leser dazu aufrufe, bei den nächsten Landtags und Bundestagswahlen nicht die Grünen zu wählen.