BAG zur Videoüberwachung im Betrieb
19.10.2008
Das Bundesarbeitsgericht (AZ 1 ABR 16/07) hat geurteilt:
Arbeitgeber und Betriebsrat sind grundsätzlich befugt, eine Videoüberwachung im Betrieb einzuführen. Die Zulässigkeit des damit verbundenen Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer richtet sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Die Entscheidung ist wenig überraschend und auch für Datenschützer wenig problembehaftet. Wichtig ist, dass nochmals wesentliche Kriterien festgehalten werden.
So zum ersten, dass der Betriebsrat zuzustimmen hat. Zu gerne wird dieser Punkt vergessen, selbiges gilt bzgl. Personalrat oder Mitarbeitervertretung (in Kirchen).
Interessant sind die Ausführungen des BAG bzgl. des überwachten BEreichs (hier geht es um einen Außenbereich, in dem angeliefert wurde):
Für die von der Videoüberwachung im Außenbereich betroffenen etwa 30 Kraftfahrer handelt es sich nicht um eine Dauerüberwachung. Vielmehr sind sie der Aufzeichnung durch die Videoanlage nur für die Dauer des Be- und Entladens sowie der Prüfung der Fahrzeuge und damit unstreitig allenfalls für etwa eine Viertelstunde arbeitstäglich ausgesetzt. Der Überwachungs- und Anpassungsdruck beschränkt sich damit für die Kraftfahrer – anders als derjenige im Innenbereich für die dort beschäftigten Arbeitnehmer – auf einen nur geringen, ihnen hinsichtlich der zeitlichen Lage bekannten Teil ihrer Arbeitszeit.
Welche Grenzen sich im Wesentlichen ergeben, zeigt das BAG gekonnt auf: So wird darauf verwiesen, dass es kein öffentlich zugänglicher BEreich i.S.d. §6b BDSG war. Weiterhin wurde die zeitliche Dauer für die Betroffenen berücksichtigt:
Dabei ist von maßgeblicher Bedeutung, dass die etwa 30 betroffenen Kraftfahrer der Videoüberwachung nur für eine Viertelstunde täglich ausgesetzt sind.
Im Umkehrschluss heisst das natürlich: Je länger dieser Zeitraum ist, umso problematrischer wird es. Dass das BAG immer wieder die 30 betroffenen Kraftfahrer erwähnt, geschieht nicht ohne Grund: Im Urteil unter Rn.6 wird ausgeführt, dass eine Überwachung des gesamten Betriebes nämlich gerade nicht zulässig ist.
Vielmehr muss der Bereich ausgenommen werden, in dem es keine konkreten Anhaltspunkte gibt, das BAG stimmt hier den folgenden Ausführungen der Antragsteller zu:
Die Möglichkeiten der Tür- und Taschenkontrolle sowie die Installation einer verdeckten Videoüberwachung in einem konkreten Verdachtsfall seien ausreichende und mildere Mittel. Vor allem seien die vorgesehenen Überwachungsmöglichkeiten unangemessen. Dies gelte sowohl für die verdachtsabhängige Überwachung im Innenbereich als auch für die verdachtsunabhängige Überwachung im Außenbereich. […] Vor allem aber sei die […] vorgesehene Erstreckung der Videoaufzeichnung auf den gesamten Betrieb unangemessen.
Das BAG stellt insoweit fest:
Während die nach § 6 Abs. 3 und 5 BV mögliche Überwachung sich auf die konkret verdächtigen Personen bezieht und allenfalls die in deren näherer Umgebung tätigen Arbeitnehmer – zwangsläufig – mit erfasst, wird durch die in § 6 Abs. 7 Satz 1 BV vorgesehene Überwachung ein weit größerer Kreis “unschuldiger” Arbeitnehmer in die Überwachung einbezogen. Es wird in die Persönlichkeitsrechte von sehr viel mehr Arbeitnehmern eingegriffen, ohne dass diese hierzu Anlass gegeben hätten. (Rn.39)
Es macht in den dann folgenden Ausführungen deutlich, dass eine räumlich und zeitlich unbegrenzte Überwachung des Betriebes ausgeschlossen ist. Insbesondere darf die Erfolglosigkeit einer Maßnahme nicht zum Ausweiten der Maßnahme angewendet werden. Unter Rn.40 wird übrigens festgehalten, dass die Zustimmung des Betriebsrats zwingend ist.
Es verbleibt die Erkenntnis: Eine Videoüberwachung im Betrieb ist nicht ausgeschlossen, unterliegt aber (engen) Grenzen. Auf keinen Fall darf die vorhandene Mitarbeitervertretung übergangen werden und eine ordentliche juristische Beratung ist von Anfang an zwingend.