Datenschutz

Daten & Information: Über unsere Motive

19.07.2021

IITR Information[IITR – 19.07.21] In den vergangenen Beiträgen hatten wir den Zustand des Datenschutzes und der begleitenden Probleme geschildert. Heute wollen wir eine Lösung ins Gespräch bringen, die in der Behebung eines Versäumnisses besteht, welches in der Vergangenheit unterlaufen sein könnte und das uns heute vor massive Probleme im Datenschutz stellt.

1. Grundsätzliche Betrachtung & Einführung

Jede maschinelle Art von Verarbeitung ist auf das Vorhandensein von Materie angewiesen.

Maschinen können keine lediglich geistigen, substanzlosen Erscheinungen be- oder verarbeiten.

Ein Computer ist eine Maschine. Sein Arbeitsbereich ist dem Elektromagnetismus zugehörig.

Verarbeitung, Speicherung und Transport von Daten sind elektromagnetische Vorgänge. Funkwellen als auch Licht (in Lichtleitern) sind zugehörig zum Spektrum elektromagnetischer Strahlung und damit dem Elektromagnetismus zuzurechnen. Photonen spielen hierbei eine Rolle.

So verfügt Licht über Masse, welche folgerichtig abgelenkt wird, also auf Gravitation reagiert. Anschauliche Beweisführung durch Professor Dr. Harald Lesch auf YouTube.

Für die einschlägige Wissenschaft ist klar (vgl. vertiefend Gutachten Professor Dr. Broy), dass Daten eine materielle Existenz zukommt.

Jeder Vorgang, jede Art von Veränderung in einer Datenverarbeitung ist physikalisch nachweisbar also messbar. Messen lässt sich nur, was auch existiert.

2. Keine Definitionen

Weder für Information noch für das Wesen von Daten wird in der DSGVO eine Definition angeboten.

Die Ursachen sind vielfältig, eine diesbezügliche Erklärung ist womöglich historisch begründet.

Die bestehende Unschärfe des zentralen Schutzgutes „Daten“ führt in der Folge zu zahlreichen Klärungsversuchen (so z.B. Winfried Veil).

Irritierenderweise wird in der DSGVO noch eine Gleichsetzung für die Begriffe Daten mit Information vorgenommen.

Art. 4 (1) DSGVO: “personenbezogene Daten” [sind] alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden “betroffene Person”) beziehen.

3. Vereinfachte Deutung für Information sowie Daten

Wir gehen davon aus, dass Information immer einen wertenden Anteil enthält, eingebracht durch einen wertenden Menschen. Ein Vorgang, der wertenden Ebene des Menschen zugehörig.

Daten hingegen sind der technisch-physikalisch Welt zugeordnet. Daten sind damit der naturgesetzlich bestimmten, der naturwissenschaftlichen Ebene zugehörig.

Information – also Inhalte mit menschlicher Wertung – lassen sich jedoch der Datenverarbeitung zuführen, womit sich die Ebenen Wertung und Naturwissenschaft verschränken. Hierzu wird eine sognannte binäre Verfahrensweise verwendet, welches im Ergebnis sämtliche Eingaben in die zwei möglichen magnetischen Ladungszustände I oder 0 (an oder aus) umwandelt.

Auf diese Weise lassen sich sämtliche denkbaren Vorgänge den drei Verarbeitungsweisen der heutigen Datenverarbeitung (Rechnen, Speichern, Versenden) zugänglich machen.

Wir regen die Eigentumsfähigkeit von Daten zunächst deswegen an, weil Daten materiell existent sind.

4. Einer unter mehreren Einwänden gegen eine Eigentumsfähigkeit von Daten

Es wird beispielsweise vorgebracht, wonach Daten rival seien, daher einer Eigentumsfähigkeit von personenbezogenen Daten deren nicht kontrollierbare Verbreitung entgegenstünde.

Rivalität gilt jedoch für sämtliche, also auch rein technische Daten, an denen dennoch geistiges Eigentum begründbar ist.

Vielmehr sollten gerade Daten mit personenbeziehbarem Inhalt immer dem Eigentumsrecht unterliegen. Dies hätte zur Folge, dass jeder in fremder Hand vorliegende Bestand an personenbeziehbaren Daten grundsätzlich rechtswidrig ist, sofern keine Einwilligung oder sonstige Rechtsgrundlage vorliegt.

5. Artikel 5 der EU-Charta

Ein Blick auf ein Schutzrecht der EU-Charta, Artikel 5. Dieses bestimmt

Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit

  • Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.
  • Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.
  • Menschenhandel ist verboten.

Satz 1 schließt „Sklaverei oder Leibeigenschaft“ aus und verunmöglicht damit jede Form von körperlicher Übereignung. Am menschlichen Körper soll kein fremdes Eigentum entstehen.

Ähnlich bedeutsam dürfte eine uneingeschränkte Hoheit über die eigene psychische Existenz zu bewerten sein.

Die DSGVO schreibt dazu: Der Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ist ein Grundrecht. Gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“) sowie Artikel 16 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) hat jede Person das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.

Der Zugang zu personenbeziehbaren Daten eröffnet die Möglichkeit, den physischen Bereich eines Menschen zu erschließen.

Mit einem Zugang zu personenbeziehbaren Daten wird eine Person damit leitbar, beeinflussbar, manipulierbar. Das ist schwerlich in Übereinstimmung zu bringen mit dem Ansatz der EU-Charta.

Für eine indirekte Erschließung personenbeziehbarer Daten durch Dritte ist eine Kontrolle schwierig, denn diese können heute aus wenigen, frei verfügbaren Daten hergeleitet werden, ohne jede Kenntnis oder Einwilligung des Betroffenen.

Bereits durch die Instrumentalisierung solch lediglich generierter Daten gerät jedes Subjekt in die Gefahr, in seiner auf ihn abgestimmten, eigenen, ihm individuell zugespielten Blase gefangen zu werden.

Die erkundbare Psyche eines jeden Menschen hat es inzwischen möglich gemacht, diese beispielsweise durch die Technik von Social Media Plattformen gezielt individuell anzusprechen. Die Konsequenzen sind hier nicht aufzählbar.

Man nutzt erkundbare, herleitbare Vorlieben, Eigenheiten und Schwächen des Individuums, um zu bestärken, oder zu verunsichern, je nach Zielvorgabe, ohne dass die betreffende Person davon Kenntnis erhalten und sich entziehen kann. Es kann nicht unterschieden werden zwischen dem, was dem Individuum in manipulativer Absicht zugespielt und dem, was es glaubt selbst entschieden zu haben.

Für die Werbewirtschaft mag man dergleichen in Grenzen noch hinnehmen wollen.

Dem kann begegnet werden, indem Daten als Eigentum anerkannt werden.

Wobei jedoch das Eigentum an einem Kernbereich von personenbeziehbaren Daten zusätzlich als unantastbar, als grundsätzlich nicht abtretbar eingestuft werden sollte, in Analogie zu Art 5 EU-Charta, dem dort bestimmten Ausschluss von Leibeigenschaft.

Das Verbot des auf den Körper bezogene Leibeigentums würde abgerundet um Bestimmungen, zusätzlich die eigene psychische Existenz zu schützen.

Dies erfordert einen nicht handelbaren Kernbereich von personenbeziehbaren Daten, welcher daraufhin in keiner fremden Datei legal erscheinen kann.

6. Datenschutz im Blickwinkel unterschiedlicher Gesellschaften

Man kann mindestens drei gesellschaftliche Herangehensweisen an eine Nutzung personenbeziehbarer Daten unterscheiden.

Die USA interpretieren den Datenschutz im Interesse ihrer Unternehmen, um aus Daten einen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen.

In China folgt der Datenschutz den Interessen des Staates.

Für die EU könnte eine als weitere Möglichkeit in Betracht kommen, den Schutz des Menschen in den Mittelpunkt des Datenschutzes zu stellen.

7. Mögliche Auswirkungen von Dateneigentum auf den Bürger

Die Einführung von Eigentum an Daten – hier: personenbeziehbare Daten – befreit den Betroffenen davon, seine in der Welt herumvagabundierenden Daten mühsam, teuer und potentiell erfolglos nachforschen zu müssen.

Mit dem Eigentum an personenbeziehbaren Daten werden konkrete Daten in fremder Hand illegal.

8. Auswirkungen auf die Wirtschaft

Vertreter der Politik regten schon vor längerer Zeit an, Daten-Eigentum zu schaffen (Merkel, Dobrindt u.a.). Der Impuls dazu mag im Wunsch auf einen verbesserten Zugriff der Wirtschaft auf Daten gelegen haben. Dies ließe sich für personenbeziehbare Daten jedoch abgrenzen.

Für US-Firmen ergäbe sich durch die Eigentumsfähigkeit solcher personenbeziehbaren Daten eine neue Situation. Das US-Recht respektiert Eigentum. Unser bisheriges Problem besteht also u.a. darin, dass eine Eigentumsfähigkeit an personenbeziehbaren Daten nicht reklamiert wird.

Es entsteht eine womöglich neue Lage, sofern Europa das Eigentum an Daten einführt, dabei jedoch personenbeziehbaren Daten als nicht handelbares Eigentum betrachtet werden müssen.

Geschäftsmodelle bleiben weiterhin prinzipiell tragfähig, wenngleich Umfang und Tiefe der nutzbaren Datenbasis zurückgeschnitten wird auf das, was zu organisieren die größten Unternehmen ohnehin vorgeben:

Die Weltbevölkerung mit Sozial-Kontakten verbinden zu wollen.

Die Wirtschaft konnte existieren, als intimste Daten noch nicht verfügbar waren. So wie sie auch die Abschaffung der Sklaverei überstanden hat.

Auch auf einer reduzierten Basis wird Werbung weiterhin möglich sein, die Technik einer individualisierten Ansprache durch Erkundung vorhandener Neigungen und Überzeugungen wird begrenzt auf einen verträglicheren Teil, in welchem gefährliche Lenkung zumindest reduziert ist.

9. Fazit

Daten sind materiell. Sie sind damit eigentumsfähig. Für nicht personenbeziehbare Daten ist dies bereits anerkannt. In gleicher Weise sollte dies auch für personenbeziehbare Daten gelten.

Der Datenschutz durchläuft eine schwierige Phase. Fehlende Definitionen mögen dazu beitragen. Die Einführung einer Definition mit dem Ziel der Konkretisierung eines Schutzgutes dürfte eine Voraussetzung darstellen, internationale Vertragsverhandlungen zu erleichtern und diese für die Zukunft auf sicheren Boden zu stellen.

Techniken zur individuellen Beeinflussung und Lenkung des Menschen durch die großen Internet-Konzerne sind vorhanden, ihnen wird die Eigenkontrolle entzogen. Das dürfte auch zur Folge haben, das Primat der Politik in Frage zu stellen.

Unser Vorstoß ist nicht so zu verstehen, dass wir ein Recht einzuklagen suchen.

Er stellt eher ein Angebot dar, über eine tiefergehende Betrachtung des eigentlichen Wesens von Daten neue Möglichkeiten aufzuzeigen, zunächst den EU-Schutz für seine Bürger zu festigen, und auf diese Weise einen global relevanten Datenschutz weiterzuentwickeln.

Wir haben uns daher entschlossen, die Frage der Definition von Daten und Information auch einer behördlichen und ggfs. gerichtlichen Klärung zukommen zu lassen.

Rechtsanwalt Dr. Sebastian Kraska

Über den Autor - Rechtsanwalt Dr. Sebastian Kraska

Herr Dr. Sebastian Kraska gründete die IITR Datenschutz GmbH, die auf den Bereich des betrieblichen Datenschutzes spezialisiert ist und als Anbieter von Datenschutz-Management-Systemen mehr als 2.500 Unternehmen bei der Bewältigung datenschutzrechtlicher Anforderungen unterstützt.

Herr Dr. Kraska selbst ist als Rechtsanwalt ausschließlich im Datenschutzrecht sowie gemeinsam mit Regionalpartnern als externer Datenschutzbeauftragter tätig und betreut dabei Unternehmen und Behörden. Er ist zudem Beirat der Zeitschrift ZD des Beck-Verlages.

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