Gericht zu Facebook-Klarnamenpflicht: keine Anwendung deutschen Datenschutz-Rechts
15.02.2013
Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der Facebook Inc. (Beschl. v. 14.2.2013, Az.: 8 B 61/12) bzw. der Facebook Ltd. (Beschl. v. 14.2.2013, Az.: 8 B 60/12) gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfügungen des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) der Rechtsauffassung von Facebook gefolgt. Das ULD hatte zuvor von Facebook verlangt, die in den Facebook-Richtlinien festgelegte Verpflichtung zur Anmeldung unter richtigem Namen (“Klarnamen-Zwang”) auszusetzen und auch die Anmeldung bei Facebook unter Nutzung von Pseudonymen zuzulassen.
Die eigene Position und die Verfügungen fasste das ULD wie folgt zusammen (vgl. begleitende Pressemitteilung vom 17.12.2012):
- “Facebook Inc. und Facebook Ltd. sind gemeinsam für die Klarnamenpolitik von Facebook verantwortlich und können und müssen deshalb beide auch zur Verantwortung gezogen werden.
- Das ULD ist im Hinblick auf die Datenschutzkontrolle für Betroffene in Schleswig-Holstein bei Facebook zuständig.
- Facebook muss § 13 Abs. 6 TMG beachten; diese Regelung steht mit europäischem Recht in Einklang und dient u. a. dazu, im Internet die Grundrechte und insbesondere das Grundrecht auf Meinungsfreiheit zu wahren. Der Gesetzgeber hat damit klargestellt, dass sich Nutzer von Internetdiensten wie Facebook dort weitgehend unbeobachtet und ohne Angst vor unliebsamen Folgen bewegen können.
- Das Zulassen von Pseudonymen ist Facebook zumutbar. Die Klarnamenpflicht verhindert weder Missbrauch des Dienstes für Beleidigungen oder Provokationen noch Identitätsdiebstahl. Hiergegen sind andere Vorkehrungen erforderlich.
- Zur Sicherstellung der Betroffenenrechte und des Datenschutzrechts generell muss die Klarnamenpflicht sofort von Facebook aufgegeben werden.”
Das Gericht hat nun insb. entschieden (Beschl. v. 14.2.2013, Az.: 8 B 61/12, Beschl. v. 14.2.2013, Az.: 8 B 60/12), dass für die Anordnungen das deutsche materielle Datenschutzrecht keine Anwendung findet und daher für Facebook keine Verpflichtung besteht, vom “Klarnamen-Zwang” abzusehen.
Der Leiter des ULD Thilo Weichert kommentiert die Beschlüsse wie folgt (vgl. Pressemitteilung):
„Die Entscheidungen sind mehr als verblüffend und gehen in der Argumentation über das Vorbringen von Facebook hinaus, das die Nichtanwendbarkeit des deutschen Datenschutzrechtes damit begründete, Facebook Inc. in den USA sei nur der Auftragsdatenverarbeiter der Facebook Ireland Ltd. Sie sind in sich widersprüchlich, wenn sie die fehlende rechtliche Relevanz von Facebook Germany damit erklären, dass dort keine Daten verarbeitet würden, zugleich aber das Unternehmen in Irland für zuständig erklären, obwohl dort auch keine Daten verarbeitet werden.
Die Beschlüsse des VG Schleswig hätten zur Folge, dass eine One-Stop-Shop-Regelung, wie sie in einer europäischen Datenschutz-Grundverordnung – kombiniert mit einem ausgeklügelten Kooperationssystem der Aufsichtsbehörden – geplant ist, für die IT-Unternehmen gar nicht nötig wäre. Es käme nur darauf an, die Konzernstruktur so zu gestalten, wie es Facebook tut, also eine Niederlassung in einem EU-Staat mit niedrigem Datenschutzniveau für zuständig zu erklären. Dies war nicht die Regelungsabsicht der Europäischen Union.“
Das ULD hat angekündigt, die Beschlüsse des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht anzufechten und hiergegen Beschwerde einzulegen.
Kontakt:
Rechtsanwalt Dr. Sebastian Kraska, externer DatenschutzbeauftragterTelefon: 089-1891 7360
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