Datenschutz: ULD veröffentlicht Vorschlag für ein “Gesetz zur Regulierung von Internetveröffentlichungen im Bundesdatenschutzgesetz”
27.10.2010
Passend zur Veranstaltung des Deutschen Anwaltvereins zum Thema Datenschutz hat die Datenschutz-Aufsichtsbehörde in Schleswig-Holstein, das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (“ULD”), einen Vorschlag für ein “Gesetz zur Regulierung von Internetveröffentlichungen im Bundesdatenschutzgesetz” veröffentlicht.
Der Gesetzesvorschlag ist bereits parlamentstauglich aufbereitet. Erklärtes Ziel: “Die materiellrechtlichen, die organisatorischen und prozessualen wie auch die technischen Regelungen müssen den neuen technischen und sozialen Gegebenheiten angepasst und zugleich zukunftsoffen formuliert werden. Insbesondere wird das BDSG dem Erfordernis eines gerechten Ausgleichs zwischen dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und den Grundrechten aus Art. 5 Grundgesetz (GG) auf Meinungsäußerungs-, Informations- und Pressefreiheit nicht mehr gerecht. Diese Mängel sind zu beheben. Wegen der Globalität der Datenverarbeitung muss eine rechtliche Einwirkungsmöglichkeit bei außereuropäischen Angeboten sichergestellt werden.”
In dem Entwurf heißt es weiter: “Betreibern von Telemedien wird verstärkt die Pflicht auferlegt, auf den Datenschutz zu achten.”
Änderungen würde der Entwurf insbesondere bei der Erklärung von datenschutzrechtlichen Einwilligungen in elektronischer Form sowie durch Neuschaffung eines § 29a BDSG bei der Veröffentlichen personenbezogener Daten in Telemedien bringen.
Das ULD schlägt insoweit folgende Vorschrift vor:
§ 29a BDSG – Veröffentlichung
(1) Das Veröffentlichen personenbezogener Daten in Telemedien ist zulässig, wenn dies dem Zweck dient, eine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das überwiegende schutzwürdige Interesse der Betroffene am Ausschluss der Veröffentlichung überwiegt.
(2) Ein schutzwürdiges Interesse besteht bei besonderen Arten personenbezogener Daten nach § 3 Abs. 9, wenn nicht im Einzelfall das Interesse an der Veröffentlichung offensichtlich überwiegt.
(3) Ein schutzwürdiges Interesse besteht, wenn der Betroffene gegenüber der verantwortlichen Stelle widerspricht, es sei denn, die verantwortliche Stelle legt dem Betroffenen gegenüber das überwiegende Interesse an einer Veröffentlichung dar. Die Darlegung nach Satz 1 kann in der Form des vom Betroffenen erklärten Widerspruchs oder schriftlich erfolgen.
(4) Betroffene können ihre Datenschutzrechte gegenüber dem verantwortlichen Telemedien-Diensteanbieter elektronisch an die nach § 5 Absatz 1 Nr. 2 Telemediengesetz zu nennende Stelle richten. Wird die Beschwerde nicht unverzüglich beantwortet, so verletzt die weitere Veröffentlichung schutzwürdige Betroffeneninteressen. Kann die verantwortliche Stelle nicht die Richtigkeit der Daten nachweisen, so tritt neben die Löschungs- und Sperransprüche nach § 35 ein Anspruch auf Hinzufügung einer eigenen Darstellung von angemessenem Umfang. § 57 Abs. 3 Rundfunkstaatsvertrag zu Gegendarstellungen ist sinngemäß anzuwenden.
(5) Die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten aus allgemein zugänglichen Quellen hat zu unterbleiben, wenn der entgegen stehende Wille des Betroffenen aus dieser Quelle oder auf andere Weise eindeutig erkennbar ist. Der Empfänger von veröffentlichten Daten hat sicherzustellen, dass Kennzeichnungen bei der Übernahme übernommen werden.
(6) Beabsichtigt ein Telemedien-Diensteanbieter die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten zu mehr als 1000 oder von einer unbestimmten Zahl von Personen, so hat er dies auf einer beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit eingerichteten Internetseite vorher unter Nennung der Datenart und der Quelle bekanntzugeben.
(7) Verantwortliche Stellen, die personenbezogene Daten veröffentlichen, können diese mit einem Löschdatum versehen. Werden diese Daten von einer anderen verantwortlichen Stelle übernommen, so ist bei der weiteren Veröffentlichung und der sonstigen Verarbeitung das jeweilige Löschdatum zu berücksichtigen.
Mit Absatz 7 versucht das ULD unter anderem, das rechtliche Konzept des “Verfallsdatums” zu schaffen. In der Pressemitteilung heißt es hierzu: “Die Diskussion über den sog. “digitalen Radiergummi” führte oft zu dem falschen Eindruck, als könne ein im Internet verfügbares Datum sicher gelöscht werden. Dies ist insbesondere nicht bzgl. kopierter Daten zu gewährleisten. Möglich ist aber, dass eine Daten einstellende Stelle einen Datensatz technisch mit einem Verfallsdatum versieht, zu dem eine entsprechend programmierte Software dessen Löschung vorsieht.”
Der Leiter des ULD, Herr Dr. Thilo Weichert, kommentiert den Gesetzesentwurf seines Hauses mit den folgenden Worten: “Unser Entwurf soll die Diskussion von der Fixierung auf Geodaten lösen und auf die wesentlichen und gemeinsamen Probleme des Internetdatenschutzes lenken. Er soll zu einem gesellschaftlichen Diskurs zwischen Betroffenen, Internetunternehmen und Datenschützern anregen. Es ist zu wünschen, dass sich aus dieser Diskussion eine zukunftsorientierte und zukunftsfähige Gesetzgebungsinitiative als Bestandteil einer umfassenderen Modernisierung des Datenschutzrechtes ergibt, die heute als ein großer Wurf heute leider unrealistisch ist. Ziel ist ein ausgewogenes Verhältnis von staatlicher Regulierung durch wesentliche Leitlinien und ergänzender bzw. konkretisierender beaufsichtigter Selbstregulierung der Internetwirtschaft.”
Autoren:
Rechtsanwalt Dr. Sebastian Kraska, externer DatenschutzbeauftragterTelefon: 089-1891 7360
E-Mail: email@iitr.de
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Zachuber
Puh, ganz schön juristisch. Vom Gefühl her würde ich sagen da sind Probleme erkannt worden. Aber ob diese Paragraphen in der Realität irgendwann ankommen bzw. sinnvolle Regelungen bewirken verschließt sich meinem Nicht-juristischen Denkvermögen...