Datenschutz: Wie Facebook Daten vernetzt – Versuch einer Versachlichung
27.07.2010
Wie funktioniert Facebook eigentlich? Welche Daten werden gesammelt? Wie werden die Daten verknüpft? Der folgende Beitrag versucht, die verschiedenen Verfahren der Datensammlung von Facebook zusammenzutragen und zu beschreiben.
Anmerkung: Ich selbst nutze Facebook intensiv seit Jahren; es geht mir mit dem Beitrag darum, die Diskussion um Facebook etwas zu versachlichen. Bitte schreiben Sie mir, wenn Sie weitere Verfahren kennen, die Ihrer Meinung nach der Liste hinzugefügt werden sollten oder wenn die von mir beschriebenen Verfahren Ihrer Meinung nach unzutreffend sind.
Analyse anhand der Facebook Stammdaten
Facebook erhält über die (optional) hinterlegten Stammdaten potentiell Informationen über Wohnort, Alter, Kontaktmöglichkeiten, politische und religiöse Ausrichtung, Bildungsstand, besuchte Bildungseinrichtungen, Beziehungsstatus und sexuelle Orientierung.
Analyse anhand des Freundeskreises
Der eigene bei Facebook verlinkte Freundeskreis (und die theoretisch messbare Intensität von Interaktion mit einzelnen Freunden) lässt Rückschlüsse auf das eigene soziale Verhalten (auf der Facebook-Plattform) zu.
Analyse des Freundeskreises nach Kontaktgrad
Auch können durch Überschneidungen von Freundeskreisen unterschiedliche Kontaktgrade im Freundeskreis festgestellt werden (“Freund XYZ ist zugleich Freund überdurchschnittlich vieler Freunde Ihres Freundeskreises im Übrigen; daher ist relativ wahrscheinlich, dass Freund XYZ einen hohen Kontaktgrad zu Ihnen aufweist”).
Auswertung der geschriebenen „Postings“
Facebook kann anhand der verlinkten Postings Informationen darüber gewinnen, welche Themen Sie persönlich besonders interessieren. Dabei lässt sich beispielsweise auch analysieren, welche Webseiten Sie häufiger zur eigenen Meinungsbildung heranziehen.
Auswertung anhand des mutmaßlichen Einwahlortes
Es ließe sich zumindest theoretisch auch der anhand der IP-Adresse grob zuordbare Ort auswerten, von dem aus die Facebook-Seite durch einen Nutzer aufgerufen wird. So könnte sich beispielsweise feststellen lassen, ob ich mein Facebook-Profil gerade in Rom, San Francisco oder Hamburg aufrufe.
Angabe eigener Interessen
Facebook-Nutzer können in ihrem Account andere Facebook-Seiten verlinken, deren Inhalt sie zu ihren persönlichen Interessen zählen (beispielsweise Facebook-Seiten von Sportvereinen, Musikern, politischen Parteien etc.).
Analyse durch Angaben in Facebook-Tools von Drittanbietern
Zahlreiche Drittanbieter stellen Facebook-Tools zur Verfügung, mit denen Sie weitere Angaben zu Ihrer Person hinterlegen können.
Einige Beispiele:
- Es gibt ein Tool, in dem Sie alle Orte hinterlegen können, die Sie einmal bereist haben
- Es gibt ein Tool, mit dem Sie Ihren IQ messen können
- Es gibt ein Tool zur Analyse Ihres optimalen Partners anhand Ihrer persönlichen Vorlieben, Neigungen und Interessen
Analyse anhand der hochgeladenen Fotos
Auf Facebook können Sie Fotos hochladen und mit Angaben zu darauf abgebildeten Personen, Ort und Zeitpunkt versehen. Es gibt zudem mittlerweile Software, die mit relativ hoher Genauigkeit Gesichtserkennung durchführen kann – also automatisiert Personen auf Bildern erkennt.
Funktion „Friend Finder“
Facebook bietet mit der Funktion „Friend Finder“ die Möglichkeit, das eigene Adressbuch (beispielsweise von Googlemail oder Outlook) mit Facebook abzugleichen. Sind die darin hinterlegten Kontakte Mitglieder auf Facebook, werden Sie als potentieller Freund vorgeschlagen.
Diese Funktion bietet die denktheoretische Möglichkeit, dass Facebook nicht nur die Daten jener Nutzer verwendet, die bereits Facebook-Nutzer sind, sondern auch die Daten jener Kontakte speichert, die noch nicht Nutzer von Facebook sind.
Zudem kann über den Vergleich der Adressbücher von verschiedenen Benutzern der Kontaktgrad unter den Nutzern festgestellt werden: so ist die Übereinstimmungen der Adressbücher im engen Freundeskreis in der Regel höher als mit weiter entfernen Bekannten.
Funktion „Freunde einladen“
Über die Funktion „Freunde einladen“ können Facebook-Nutzer Bekannte (unter Angabe von Namen und E-Mail-Adresse) zur Facebook Plattform einladen.
Verlinkung von Personen auf Fotos, die noch nicht Facebook-Nutzer sind
Facebook-Nutzer haben die Möglichkeit, auf Fotos auch Personen zu identifizieren, die noch nicht Nutzer von Facebook sind. Hierbei haben Sie auch die Möglichkeit, die E-Mail-Adresse der betroffenen Person anzugeben, um diese Person (bereits verlinkt mit dem Foto) zur Nutzung von Facebook einzuladen.
Anlegen von „Schattenprofilen“
Es kann sein, dass Facebook „Schattenprofile“ anhand der oben beschriebenen Angaben von Personen anlegt, die noch nicht Nutzer von Facebook sind. So wäre es technisch wie strategisch zumindest nachvollziehbar, wenn Facebook Daten von Nicht-Facebook-Nutzern (bspws. aus Einladungs-E-Mails, Verlinkung auf Fotos, Abgleich von Adressbüchern) „passiv“ im Hintergrund als „Schattenprofil“ speichern würde. Mir sind mehrere Fälle bekannt, wo sich Personen neu bei Facebook anmeldeten und die eigenen personenbezogenen Daten (Fotos, mögliche Freunde aus dem Bekanntenkreis etc.) bereits mit der eigenen E-Mail-Adresse verknüpft waren.
Verwendung des „Like“-Buttons auf Facebook
Mit dem Facebook-internen Like-Button („Gefällt mir“) kann von anderen Facebook-Nutzern hochgeladener Content mit einer eigenen Präferenz versehen werden.
Verwendung des „Like“-Buttons auf Drittseiten
Die in einem gesonderten Beitrag bereits beschriebene Funktion des „Like“ („Gefällt mir“) Knopfes auf Drittseiten eröffnet (auch ohne Klick auf den Knopf bei zugleich eingeloggtem Facebook-Account) meines Erachtens die zumindest technische Möglichkeit, dass das allgemeine Webseiten-Besucherverhalten im Internet dem eigenen Facebook-Account zugeordnet werden kann. Facebook kann mit anderen Worten (meines Erachtens) über den Like-Button verfolgen, welche Webseiten im Internet besucht werden. Zudem können dann bei einem Klick auf den Like-Button noch einzelne Webseiten mit einer benutzerbezogenen Präferenz bewertet werden.
Angaben von Freunden über Freunde
Es gibt diverse Tools von Drittanbietern, mittels derer Sie über andere Freunde ihres Freundeskreises Angaben hinterlassen können. So gibt es beispielsweise Fragetools, mit denen Sie ihre Freunde nach Beliebtheit bewerten oder Angaben über deren vermeintliche sexuelle Orientierung und politische Ausrichtung speichern können.
Unterscheidung von Freunden in Personengruppen
Facebook-Nutzer haben die Möglichkeit, ihre Freunde in Personengruppen (Familie, enge Freunde, Bekannte, Geschäftskontakte etc.) zu untergliedern.
Fazit
Ich möchte nochmal klarstellen, dass es mir nicht darum geht, Facebook in irgendeiner Weise negativ darzustellen oder von der Nutzung von Facebook abzuraten. Ziel des Beitrages ist, eine Versachlichung in der Diskussion dergestalt vorzunehmen, dass überhaupt einmal die Sachlage geklärt wird. Ich persönlich bin der Meinung, dass Facebook ein Faktum ist, welches einem weltweiten Nutzerbedürfnis (seit kurzem mehr als 500 Mio. Nutzer) nachkommt.
Es handelt sich hierbei nach meinem Verständnis um eine völlig neue Qualität der Sammlung und –verknüpfung von sozialen Daten, die gerade auf mittel- und langfristige Sicht völlig neue Auswirkungen auf unser gesellschaftliches Verhalten haben wird (versetzen Sie sich in die Lage eines 8-jährigen Schülers der beginnt, sein gesamtes jugendliches Sozialleben über Facebook zu organisieren). Die Antwort dürfte meines Erachtens nicht in nationaler Regulierung liegen; vielmehr sollten die neuen Schlagworte „Transparenz“ und „Kontrolle über die Nutzung der eigenen Daten durch Dritte“ lauten.
Autor:
Rechtsanwalt Dr. Sebastian Kraska, externer DatenschutzbeauftragterTelefon: 089-1891 7360
E-Mail-Kontaktformular
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