Entschließung zum Datenschutztag am 28. Januar 2008
28.01.2008
Das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre und insbesondere auf informationelle
Selbstbestimmung bildet das Lebenselixier unserer modernen Informationsgesellschaft. Dies
gilt auch in Zeiten, in denen der Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität es
immer schwerer macht, den richtigen Ausgleich zwischen den Erfordernissen der Sicherheit
und dem Schutz der individuellen Rechte zu finden. Ein gläserner Bürger wird niemals mit
der Menschenwürde zu vereinbaren sein.
Dies sind die wichtigsten Schlüsse der Artikel 29-Gruppe zum Datenschutztag des Jahres
2008 am 28. Januar. Angesichts der aktuellen Entwicklung müssen die Datenschützer
wachsam bleiben, um einen sich auf alle Bereiche des Privatlebens ausdehnenden
Überwachungsstaat zu verhindern.
Der Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität ist notwendig und gerechtfertigt.
Und in diesem Kampf können personenbezogene Informationen ein nützliches Hilfsmittel
sein. Sie können aber nicht als Allheilmittel zur Bewältigung der Herausforderungen von
Terrorismus und internationaler Kriminalität dienen. Daher müssen alle Maßnahmen, die
darauf abzielen, die Freiheit der Bürger zu beschneiden, verhältnismäßig und wirksam sein.
Es bleibt eine der wesentlichen Pflichten der Datenschützer, nicht nur vor den Gefahren zu
warnen, die die restriktiven Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden darstellen können,
sondern auch Alternativen aufzuzeigen, die weniger einschneidend und
datenschutzfreundlicher sind.
Daher hat die Artikel 29-Gruppe in der Vergangenheit immer wieder Maßnahmen wie
datenschutzfreundliche Technologien (PETs) befürwortet, die die Auswirkungen auf die
Privatsphäre Einzelner abmildern können. Für solche Technologien wird sich die Artikel 29-
Gruppe auch künftig einsetzen. Die Pseudonymisierung persönlicher Daten ist ein Beispiel
dafür, wie personenbezogene Daten verarbeitet werden können, ohne dabei in die
Privatsphäre des Einzelnen einzugreifen. Technische Lösungen, die den richtigen Ausgleich
zwischen den Sicherheitsanforderungen und dem Recht auf Datenschutz schaffen, stehen zur
Verfügung und müssen, wann immer möglich, genutzt werden. Die weitere Förderung solcher
modernen Techniken und ein konstruktiver Dialog mit allen Interessengruppen wird eine der
wichtigsten Aufgaben der Datenschützer bleiben.
Europa wird als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts angesehen, in dem die
Freiheit an erster Stelle steht und auch weiterhin stehen muss. In einer demokratischen
Gesellschaft sollte sich niemand, wo immer er sich befindet, dauernd ausspioniert oder
überwacht fühlen. Das immer stärker werdende Verlangen der Strafverfolgungsbehörden, die
Daten der Bürger auf Vorrat zu sammeln und zu speichern, ist eine besorgniserregende
Entwicklung. Personenbezogene und oft sogar sensible Informationen von Millionen
unschuldiger Bürger, die nicht unter Verdacht stehen, werden für viele Jahre gespeichert und
ermöglichen die Erstellung von Kommunikations- und Reisemustern. Die allgemeine
Vorratspeicherung von Verkehrsdaten durch Telekommunikationsgesellschaften und die
Debatte über ein europäisches System für die Sammlung und Speicherung von Passagierdaten
sind nur zwei Beispiele, die dieses gefährliche Eingreifen in die Privatsphäre der Bürger
deutlich machen. Andere Initiativen auf diesem Gebiet sehen die Sammlung von
Fingerabdrücken vor oder zielen auf die Überwachung der Autofahrer ab.
Die europäischen Datenschutzbeauftragten unterstreichen ihre unverzichtbare Rolle als
Wächter des Privatsphäre in der modernen Informationsgesellschaft. Ihre völlige
Unabhängigkeit ist unbedingt erforderlich und darf nicht zur Diskussion stehen, wenn sie ihre
wichtigen Aufgaben erfüllen und dem Wohle der Bürger dienen wollen. In einer
globalisierten Welt, in der der Austausch personenbezogener Daten so einfach ist wie nie
zuvor, sind die kritischen Stimmen der Datenschützer wichtiger als je zuvor. Der Schutz der
Privatsphäre bleibt eine der wichtigsten Herausforderungen in einer sich ständig verändernden
Welt.
Brüssel, den 5. Dezember 2007
Für die Arbeitsgruppe
Der Vorsitzende
Peter Schaar