Google Chrome ist (k)ein Open Source Projekt (Update)
03.09.2008
Mich erreichen zunehmend Mails, die mir erklären, dass meine Bedenken übertrieben sind, denn Google Chrome ist ja OpenSource und als solches weniger gefährlich. Ich sage: Google Chrome ist kein Opensource. Abgesehen von dem Google-Comic in dem es erwähnt wird und der Presse, die es (ungeprüft?) druckt/schreibt, fand ich nämlich nichts, was auf Opensource hindeutet.
Fangen wir dort an, wo es am einfachsten ist: In den Nutzungsbedingungen von Chrome. Dort steht schonmal das hier:
10.2 Es ist Ihnen nicht gestattet, den Quellcode der Software oder Teile davon zu kopieren, zu verändern, darauf basierende Werke zu erstellen, ihn zurückzuentwickeln, zurückzuassemblieren oder auf andere Weise zu extrahieren. […]
Für ein Opensource-projekt eine sehr seltsame Klausel – theoretisch aber ist es immer noch möglich, in den Quelltext zumindest Einblick zu nehmen; sofern er bereit gestellt wird, ein re-assembling ist ja untersagt.
Also suchen wir doch mal den Download. Und was findet man: Bestenfalls “Chromium”, das Google so beschreibt:
Chromium is the open-source project behind Google Chrome.
Das heisst für mich: Chromium ist nicht Chrome. Chromium ist Opensource, keine Frage – aber Chrome ist ein eigenes Projekt, das auf Chromium aufsetzt, soweit meine bisherige Sichtweise. Ich musste einige Zeit suchen, bis ich dann einen Hinweis gefunden habe, der es unstreitig darlegt. Man muss die Diskussionsgruppen von Chromium aufrufen, dort findet man dann diesen deutlichen Hinweis links:
Google Chrome is built with open source code from Chromium.
Sprich: Chromium ist ein Teil von Chrome, aber eben nicht alles. Somit ist ein Teil von Chrome OSS, und ein Teil dann wieder nicht.
Ich hoffe, es ist jetzt klar und die “Open-Source”-Propaganda hat ein Ende. Damit wird Google nicht gleich böse (auch wenn sich bei dieser eigenwilligen Sichtweise von “Opensource” Analogien zu Googles Sichtweise von “Privatsphäre” aufdrängen); ich wollte hier einfach nur mal das Thema anstoßen, wie viele sich von einem Hersteller-Comic gleich den Kopf verdrehen lassen.
Aber vielleicht kann jemand mich und meine Vermutungen auch widerlegen – am einfachsten geht dies natürlich ohne Worte, einfach mit einem Link zum vollen Download von Chrome. Oder dem Beleg, dass der Quelltext von Chrome deckungsgleich mit dem von Chromium ist (Womit aber dann die Chrome EULA gegen die Chromium BDS-Lizenz verstoßen müsste – oder?).
Update: Ich sehe gerade, dass auch andere sich dieses Themas annehmen, ebenfalls hier in den Kommentaren, 3.9/8:33h (spot)
Update 2: Auf direkte Nachfrage eines Nutzers in der Diskussionsgruppe wurde folgendes gesagt, was ja wiederum für Opensource sprechen würde:
It’s all open source. All of the source to Google Chrome is contained in Chromium. Chromium is the just name of the open source project for Google Chrome. Sorry for the confusion on that.
Naja, die “Confusion” dürfte damit noch weiter steigen, denn die andere Sicht der Dinge kommt ja (siehe oben) nicht von ungefähr. Letztlich wird Google den ausdrücklich benannten Code anbieten müssen um Klarheit zu schaffen. Wenn man dazu den Blog-Eintrag im Chromium-Blog liest, klingt es auch deutlich pro Opensource:
Today, Google launched a new web browser called Google Chrome. At the same time, we are releasing all of the code as open source under a permissive BSD license. The open source project is called Chromium – after the metal used to make chrome.
Irgendwann wird schon jemand prüfen, ob in Chromium auch eine individuelle ID pro Browser vorgesehen ist (falls nein, ist offensichtlich dass Chrome nicht Chromium ist) – und wie es abläuft, wenn die Mehrheit der Programmierer das entfernen möchte.