Nacktscanner: Sicherheit und Datenschutz – eine kritische Betrachtung
03.01.2010
Es war absehbar, dass der bereits einmal abgelehnte Nacktscanner bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit wieder aus der Versenkung geholt werden würde. Erstaunlich war, wie schnell und umfangreich die Öffentlichkeit dieses Mal über seine technischen Verbesserungen informiert werden konnte.
Sicherheit ist ein hohes Gut. Allerdings stimmt auch: Wirklich umfassende Sicherheit ist erst dann erreichbar, wenn nichts mehr einer Überwachung entzogen sein wird.
Weil irgendwelche Spinner in irgendwelchen Löchern dieser Erde sich im Namen Gottes ihre Unterhose mit Sprengstoff füllen, sollen demnächst sämtliche Passagiere der Weltluftfahrt bis auf die nackte Haut gescannt werden – und Deutschland ist ganz vorne mit dabei.
Umlernen müssen wir Bürger dafür zunächst, dass unsere eigene Nacktscannerei nicht entwürdigend sei. Wir steigen dabei zwar öffentlich in einen Apparat, der unseren eigenen Körper unbekleidet erfassen wird. Aber das Bedienpersonal, so werden wir getröstet, sieht nur eine verfremdete Ansicht unseres Körpers. Als wenn dies dem Vorgang die Entwürdigung nehmen könnte. Die öffentliche Entblößung ist also wohl eher ein psychologisches Problem.
Für jede Entwürdigung lässt sich eine Umdeutung finden, und jede fragwürdige Maßnahme lässt sich durch Umdeutung des Vorganges aufweichen und relativieren. Wir blicken dabei ja auf reiche Erfahrungen.
Geht es überhaupt um Sicherheit? Mal ganz abgesehen davon, dass wir bereits von mindestens einem Anschlag wissen, in welchem sich jemand den Sprengsatz in den Darm geschoben hat – was dann demnächst aus Sicherheitsgründen zwingend eine urologisch-gynäkologische Nacharbeit am Scanner folgen lassen müsste – so stellen sich mindestens noch zwei weitere Fragen.
Wir wissen, aus welchen Kreisen diese Anschläge kommen. Wir könnten das nun angekündigte Maß an Sicherheit ebenfalls erreichen, wenn die Durchsuchungen auf den Kreis der eigentlich Verdächtigten beschränkt blieben. Die Frage lautet also: Können wir den Kreis der eigentlich Verdächtigen enger ziehen? Oder ist es vielleicht so, dass wir eigene ethisch-kulturelle Ansprüche aufrechterhalten wollen, weil wir darauf verzichten, gezielt unter einem eingrenzbaren Personenkreis zu suchen? Ein Personenkreis, der sich bereits nach Alter und Geschlecht eingrenzen ließe, sicherlich stehen noch andere Merkmale zur Verfügung, die sich kundige Profiler einfallen lassen sollten.
Um einen Preis nicht bezahlen zu wollen, uns Rücksichten auferlegen wollen, stellen wir stattdessen nun nicht nur sämtliche Menschen, sofern diese fliegen wollen, alle Greise, alle pubertierenden Mädchen, und das gesamte dazwischenlegende Spektrum der Menschheit in den Nacktscanner. Den wir aber nicht mehr so empfinden sollen.
Zahlen wir dafür einen anderen, einen womöglich viel höheren Preis? Ist uns al-Qaida in der Preiskalkulation überlegen? Es ist eine Illusion, Datenschutz betreiben zu können, um uns letztlich eine freiheitliche Lebensweise zu erhalten und gleichzeitig in jede lebende oder tote Pore unseres irdischen Daseins hineinleuchten zu dürfen, gestützt auf die Illusion, all dies habe keinerlei Rückwirkung auf das Lebensgefühl der Menschen, auf die Entfaltung einer Gesellschaft.
Prinzipiell hat jede Offenlegung von Privatsphäre, jede dafür notwendige Umdeklarierung dessen, was zukünftig nicht mehr als schützensfähig erachtet werden kann, eine Veränderung zur Folge in unserem Verhalten untereinander und gegenüber dem allmächtigen Staat.
Schlimmstenfalls in einer Weise, dass niemand mehr den Raum sieht, sich überhaupt noch zu rühren, aufbegehren zu können. Spätestens dann jedoch wäre dieser Staat tot.
Grundsätzlich bedenklich ist ebenfalls, dass die Parteien der BRD, sobald sie an der Macht sind, die Politik der vorangegangenen Parteien fortsetzten. Voraussetzung einer Demokratie ist jedoch nicht, dass Parteien sich lediglich an der Macht abwechseln, Demokratie erfordert vielmehr, dass mit einem politischen Wechsel tatsächlich auch eine andere Politik an die Macht und damit zur Entfaltung gelangt.
Autor: Eckehard Kraska