News zum Datenschutz (11/2008)
07.07.2008
Wieder einmal gesammelte News der letzten Woche – diesmal mit Schweden die heiss auf Blut sind, dem Verband Bitkom der mehr Komfort möchte und dem Kuschelkurs der EU und den USA.
Bundesregierung leugnete verdeckte Werbung
Die Bundesregierung hat das Parlament und die Öffentlichkeit getäuscht. Im Rahmen der Kampagne “Die neue Gesundheitsversicherung” ließ sie laut Report Mainz komplett sendefähige Hörfunkberichte produzieren und gezielt im redaktionellen Programm von Hörfunksendern platzieren. (Quelle: SWR)
Werbedisplay reagiert auf Betrachter
Wenn es nach dem Spezialanbieter Reactrix Systems geht, steht eine Revolution in der Außenwerbung bevor: Er will die überall in unseren Städten verteilten Plakate durch interaktive Displays ersetzen, mit denen der Betrachter interagieren kann. (Quelle: Heise)
Bürgerrechtler verschärfen Kritik an EU-Plänen zur Internetüberwachung
Zivilgesellschaftliche Organisationen lehnen auch die inzwischen vorgelegten “Kompromissvorschläge” zur Änderung des EU-Gesetzespakets zur Regulierung des Telekommunikationsmarktes entschieden als massiven Versuch zur Netzzensur ab. Die Vorschläge zu einem behördengesteuertes Überwachungssystem führen, schreibt die französische Bürgerrechtsorganisation La Quadrature du Net. In einer Art E-Mail-Kampagne könnten Nutzer künftig unter Androhung von Klagen aufgrund angeblich ausgemachter Kopierschutzverletzungen zum Einsatz von Filtersoftware und “Spyware” genötigt werden. Als “Beweis” müssten die Rechteverwerter allein Logdateien anführen. (Quelle: Heise)
Datenschutz: Nutzer wissen oft nicht,was sie tun
Datenschutz paradox: Einerseits wird der Schutz der Privatsphäre im Internet gefordert. Andererseits stellen Nutzer ihr Privatleben im Internet zur Schau. US-amerikanische Forscher haben das Phänomen untersucht. Ihre Ergebnisse lassen aufhorchen. […] Die Schutzmechanismen, die im realen Leben dafür sorgen, dass wir im Umgang mit ebenso zwielichtigen wie neugierigen Gestalten vorsichtig sind, versagen im Internet, zieht Loewenstein Bilanz. Hier gelten andere Regeln. Eine unseriös wirkende Webseite beflügele die Surfer geradezu, mehr von sich preiszugeben, als eine seriöse Seite. Das sei ein fatales Ergebnis, meinen die Forscher. Denn die Statistik zeige: Eine unseriöse Webseite berge eher die Gefahr in sich, dass die hier eingegebenen Daten missbraucht würden. (Quelle: ZDF)
EU-Staaten streben mehr Datenaustausch an
Strafverfolger und Terrorfahnder sollen nach Plänen der Europäischen Union einen größeren Zugriff auf Datenbanken bekommen. Zur Abwehr von Terroranschlägen müssten sie etwa Angaben zu internationalen Banküberweisungen einsehen können, heißt es in einem Bericht zur Zukunft der europäischen Innenpolitik. […] Terrorfahnder sollten die Erlaubnis bekommen, Datenbanken wie die der Bankenschaltstelle Swift zu nutzen. Container sollten bei der Einfuhr nach Europa besser kontrolliert und Angestellte von Transportunternehmen genauer überprüft werden. (Quelle: Heise)
Bundesrat will heimliche Online-Durchsuchungen auf Terrorabwehr beschränken
Bayern ist im Bundesrat mit seinem Antrag gescheitert, den verdeckten Zugriff auf informationstechnische Systeme auch zur Verfolgung schwerer Straftaten bundesweit zuzulassen. Entgegen der Empfehlung (PDF-Datei) der federführenden Ausschüsse stimmten die Länderchefs in der Plenarsitzung am heutigen Freitag mehrheitlich gegen das Begehr des Freistaats, einen entsprechenden Gesetzesentwurf in den Bundestag einzubringen. Der umstrittene Entwurf für die Novelle des Gesetzes für das Bundeskriminalamt (BKA), der heimliche Online-Durchsuchungen zur Terrorabwehr vorsieht, stieß in der Länderkammer dagegen überwiegend auf Zustimmung. (Quelle: Heise)
Mehr “Komfort” bei Grenzkontrollen an Flughäfen
Der flächendeckende Einsatz von Biometrie kann die Grenzkontrollen an deutschen Flughäfen beschleunigen und komfortabler machen. Darauf weisen der Flughafenverband ADV (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen) und der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) in einem gemeinsamen Positionspapier anlässlich des Beginns der Sommerferien in mehreren Bundesländern hin. „Die elektronischen Reisepässe mit Biometrie können erheblich zur Optimierung der Grenzabfertigung beitragen. Sie werden jedoch derzeit weder zur elektronischen Prüfung der Dokumentenechtheit genutzt, noch findet eine biometrische Verifikation des Reisenden auf Basis der gespeicherten Daten statt“, sagt BITKOM-Präsidiumsmitglied Prof. Dieter Kempf. (Quelle: PM von Bitkom)
Anmerkung: Ich habe das hier aufgenommen, damit der Leser nicht auf die Idee kommt den Verband Bitkom zu positiv zu sehen. Momentan mache die häufiger mit ihren Stellungnahmen contra Vorratsdatenspeicherung von sich reden – das hier dürfte ein etwas anderes Bild auf Bitkom werfen. Wie immer gilt: Kaufleute denken an ihre Finanzen – sonst nichts.
Versicherungen fehlen Fotos für die elektronische Gesundheitskarte
Die gesetzlichen Krankenversicherungen haben erhebliche Probleme, Fotos ihrer Versicherten zu bekommen. Das berichtet das Magazin Focus. Die Fotos werden zur Produktion der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) benötigt, die Anfang 2009 ausgerollt werden soll. Dem Bericht zufolge fehlt den Krankenkassen eine Handhabe, die Herausgabe von Fotos zu stimulieren. (Quelle: Heise)
Schweden: Staatliche Biobank soll für Polizeizugriffe geöffnet werden
Die schwedische Regierung will den Sicherheitsbehörden künftig Zugriff auf die seit 1975 routinemäßig eingelagerten Blutproben aller Bürger gewähren. […] Bei jedem in Schweden geborenem Kind entnimmt eine Krankenschwester mit einem Stich in die Ferse eine Blutprobe. Die landet im PKU-Register, einer 1975 eingerichteten staatlichen Biobank. Dort wird die Probe auf Krankheiten hin untersucht, deren Symptome erst in einem späteren Lebensalter sichtbar werden könnten. (Quelle: TAZ)
Datenschützer kritisieren ärztliche Meldepflicht von Piercings und Tattoos
Am 1. Juli trat die Pflegereform in Kraft. Ein Unterpunkt dieses Reformpakets verpflichtet die Ärzte, Patienten mit bestimmten “selbstverschuldeten Krankheiten” der zuständigen Krankenkasse zu melden. Datenschützer kritisieren diese Regelung als Piercing-Petz-Paragraf und Aushöhlung der ärztlichen Schweigepflicht. (Quelle: Heise)
Datenschutz: EU und USA nähern sich an
Im Streit zwischen der Europäischen Union und den USA um den Schutz personenbezogener Daten zeichnet sich eine Annäherung ab. Beide Seiten einigten sich nach Angaben der EU-Kommission vom Mittwoch auf zwölf gemeinsame Grundsätze für den Datenschutz. Wenn alles gutlaufe, könnten letzte offene Fragen bis Ende dieses Jahres geklärt werden. […] Die Kommission schloss zugleich aus, dass die USA Zugriff auf die gesammelten Informationen europäischer Grenzschützer bekämen: “Wir öffnen den USA keine Schengen-Datenbanken”, sagte der Generaldirektor für Justiz und Inneres der Kommission, Jonathan Faull. […] Demnach sollen Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden beiderseits des Atlantiks beispielsweise Daten über Kreditkarten-Transaktionen, Reisen und Gewohnheiten bei der Internetnutzung austauschen können. (Quelle: ORF Futurezone)
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