Rechtsgutachten: Direktklagemöglichkeiten gegen Beschlüsse des Europäischen Datenschutzausschusses
03.05.2021
[IITR – 03.05.21] In unserem ersten Beitrag hatten wir Aufbau und Aufgaben des Europäischen Datenschutzausschusses vorgestellt. In diesem Beitrag stellen wir das Rechtsgutachten von Herrn Professor Dr. Christoph Herrmann (Universität Passau) vor, der in unserem Auftrag untersucht hat, wie sich der Europäische Datenschutzausschuss in das europäische Rechtssystem einfügt und unter welchen Voraussetzungen Direktklagemöglichkeiten gegen seine Beschlüsse möglich sind.
Als Gesamtergebnis fasst Herr Professor Herrmann seine Stellungnahme wie folgt zusammen:
Die DS-GVO führt nicht nur den Harmonisierungsgedanken im materiellen Datenschutzrecht zum Schutz personenbezogener Daten und dem freien Datenverkehr fort, sondern bringt auch eine Vereinheitlichung der Datenschutzaufsicht innerhalb der Europäischen Union mit sich. Dabei kommt dem EDSA eine zentrale Stellung zu. Dieser verfügt über bedeutende Kompetenzen, die insbesondre im Kohärenzverfahren (Stellungnahme- und Streitbeilegungsverfahren) zur Geltung kommen und dabei Private tangieren können. Entsprechende Rechtsschutzmöglichkeiten von Privaten sind deswegen unentbehrlich. Auf Unionsebene ist dazu die Nichtigkeitsklage von erheblicher Relevanz.
Die aus diesem Streitbeilegungsverfahren resultierenden Stellungnahmen erzeugen Rechtswirkungen und sind daher in Anbetracht der GHEU-Rechtsprechung zu Mitteilungen der EU-Kommission als Klagegegenstand denkbar. Für die Klageberechtigung gegen Stellungnahmen stellen die Anforderungen der Plaumann-Formel aber eine sehr hohe Hürde dar.
Für Beschlüsse des EDSA ist die Rechtsverbindlichkeit explizit in der DS-GVO normiert, sodass sie als Klagegenstand statthaft sind. Die Determinierungswirkung des Beschlusses ermöglicht es, eine unmittelbare Betroffenheit anzunehmen. Sobald sich der konkrete Inhalt des Beschlusses auf die einzelnen Datenverarbeiter, Auftragsverarbeiter oder die von der Datenverarbeitung Betroffenen bezieht respektive gezielt auswirkt, ist zugleich eine individuelle Betroffenheit möglich. Die Zulässigkeit erfordert darüber hinaus noch insbesondere die Fristwahrung. Liegt dann auch ein Nichtigkeitsgrund vor, wird der Beschluss des EDSA für nichtig erklärt. Dadurch wird der endgültigen Entscheidung durch die nationale Behörde die Basis entzogen. Um den Rechtsschutz bestmöglich zu wahren, ist sowohl eine Nichtigkeitsklage als auch der nationale Rechtsweg anzuraten.
Auf Anfrage stellen wir das Gutachten zur Verfügung.