Scoring-Änderungen im BDSG verwässert
30.07.2008
Es war irgendwie klar, dass ein Gesetzesentwurf, der im großen und ganzen Zustimmung von Datenschützern findet, so nicht durchgehen kann. Unsere Bundesregierung hat daher noch schnell den Entwurf (hier als PDF Datei) mit den Änderungen im BDSG verändert und will damit die Türen öffnen, um Wohnort-Daten in das Scoring legal einfließen zu lassen. Dazu wird in den neuen §28b BDSG eine Nummer 3 eingefügt, die besagt:
[…] darf ein Wahrscheinlichkeits-wert für ein bestimmtes zukünftiges Verhalten des Betroffenen erhoben oder ver-wendet werden, wenn […]
3. im Falle der Nutzung von Anschriftendaten der Betroffene vor Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts über die vorgesehene Nutzung dieser Daten unterrichtet worden ist; die Unterrichtung ist zu dokumentieren.“
Interessant dazu die Ausführungen in der Begründung:
Aufgrund der in der Öffentlichkeit diskutierten Bedeutung von Anschriftendaten hin-sichtlich der Bewertung der Bonität der Betroffenen wird eine Unterrichtungspflicht der verantwortlichen Stelle gegenüber dem Betroffenen bei Nutzung dieser Daten in Scoringverfahren eingeführt, sofern der durch dieses Verfahren berechnete Score-wert für eine Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses mit dem Betroffenen verwendet wird (§ 28b Nr. 3). Da-durch soll zusätzliche Transparenz geschaffen werden. […]
Wegen der in der Öffentlichkeit diskutierten Bedeutung der Nutzung von Anschriften-daten wird zudem eine Pflicht, den Betroffenen vor der geplanten Nutzung von An-schriftendaten hierüber zu informieren, eingeführt, um zusätzliche Transparenz zu schaffen (Nummer 3). Die Unterrichtung kann in der Praxis über Allgemeine Ge-schäftsbedingungen erfolgen.
Das Problem ist nur, dass hier nicht einfach eine Pflicht zur Belehrung eingeführt wird, sondern dass die Verwendung insgesamt überhaupt mal erst legitimiert wird. Als blanken Hohn mag ich da diesen Satz auf Seite 22 werten:
Die Regelung trägt der besonderen Sensibilität der Öffentlichkeit hinsichtlich der Verwendung von Anschriftendaten im Rahmen von Scoringverfahren zur Bewertung der Kreditwürdigkeit der Betroffenen Rechnung.
Ich denke, der wäre nur bei einem Verbot angebracht. Dabei stellen sich mir vor allem zwei Fragen:
- Sofern der §28b Nr.3 BDSG n.F. so kommt: Sind bisherige Erhebungen, sofern sie erfolgt sind, automatisch rechtsiwdrig wenn keine Belehrung erfolgte?
- Ist sich die Bundesregierung der Bedeutung bewusst, wenn Menschen anfangen, Ihre Wohngebiete danach auszuwählen, wie der Scoring-Wert dieses Wohngebietes ist? Da es Menschen geben wird, die es sich nicht aussuchen können, wird hier (sehr langfristig) die Grundlage für ein “ghettoisieren” von niedrigen Scoring-Wert-Inhabern geschaffen.