Süddeutsche macht auf Lobby?
19.11.2008
Man munkelt ja schon länger, dass bei der Süddeutschen die Suche nach Geld ansteht – da fallen schnell böse Worte. Zum Beispiel wenn ich heute einen Artikel “Kampf gegen Raubkopierer” lesen muss, der seltsam unreflektiert wirkt.
So gibt es keine Kritik, wenn ich etwa lese:
Wer heute eine Vorabvorführung eines publikumsträchtigen Films besucht, wird am Saaleingang durchleuchtet.
Wohl am Ende des Artikels den Satz:
Nicht nur das Dresdner Rundkino könnte von schärferen Kontrollen profitieren.
Ah ja. Flughafenkontrollen im Kino – und die SZ hat anzumerken, dass wir die am besten bald überall haben. Ist ja in unser aller Interesse; der verantwortliche Schreiber sollte vielleicht mal mit Heribert Prantl sprechen, die Logik “Ein übermässiger Eingriff in individuelle Rechte zugunsten aller” ist mir bei der SZ bisher so nicht aufgefallen.
Doch es geht weiter und ich bin fassungslos:
Dennoch: Gemäß einer aktuellen Internet-Studie findet sich jeder Blockbuster bereits zwei Tage nach Kinostart in Deutschland im Netz.
Was ist bitte eine “aktuelle Internet-Studie”? Seit wann wird sich bei der SZ auf Quellen bezogen, die man nicht benennen kann (oder will)? Das man das Internet ein wenig verklärt, ist auch weiter oben zu finden, wenn wahrscheinlich einfach die GVU zitiert wird:
Auch gebe es eine Vielzahl von Diensten, die sogenannte gestreamte Filminhalte zur Verfügung stellen, etwa auf der Internetseite Youtube.
Die Existenz von YouTube kann ich schwerlich bestreiten – doch ist es mir neu, dass da vollständige Filme angeboten werden. Vielmehr wird es längst als Marketing anerkannt, wenn dort kleine “Appetizer” (wie bisher) zu finden sind. Dazu finde ich im SZ-Artikel aber kein Wort.
Wer auf die erste Seite im Artikel blättert, findet dann noch den krönenden Abschluss. Die plakative Erklärung, dass die Kampagnen gegen “Raubkopierer” funktionieren (was ist das eigentlich für ein Wort? War Merkmal des “Raubes” nicht die Gewaltanwendung?):
Der 41-jährige Filmfreund, wahrscheinlich sensibilisiert von Kampagnen wie “Respect Copyrights”, meldete seine Beobachtungen umgehend dem Kinopersonal […]
Nett, wie fein hier die subtile Aussage in den Text eingebaut wurde.
Mir geht es hier nicht um die Thematik der “Raubkopierer”, ich vertrete hier eine sehr differenzierte Meinung. Was mich schockiert ist, wie offen und mitunter plump der Artikel gestaltet ist – und wo ich ihn lesen musste: Bei der SZ. In meinem Blog schreibe ich zur informationellen Selbstbestimmung. Die Frage des (ungefilterten) Konsums von Medien gehört dazu.