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Verdächtige und Verurteilte – die Presse lernt es nicht

17.04.2009

Wieder wurde eine “Kinderporno-Tauschbörse ausgehoben” titelt der SWR. Das Schema des Artikels ist, wie immer, das gleiche: In jeder zweiten Zeile prangern grosse Zahlen, die den Leser beeindrucken sollen – jedenfalls den, der keine Vorbildung in dem Bereich mitbringt. Schön ist wieder mal die Zahl der Verdächtigen:

Innerhalb von vier Monaten wurden damit mehr als 1.000 Internetanschlüsse allein aus Deutschland festgestellt, über die kinderpornografische Darstellungen verbreitet wurden. Die Auswertung sei noch nicht abgeschlossen.

Also geht es nicht um Taten, sondern um Verdächtige bzw. Verdächtigungen. Liest sich ja auf den ersten Blick ein bisschen anders. Noch besser ist dann natürlich der Absatz:

Rund 8.000 Anzeigen hätten die Internetfahnder des LKA über das Bundeskriminalamt an 91 Nationen, darunter die USA, Brasilien, Kanada und Neuseeland, weitergeleitet.

Das sind ja wieder über 9000 Verdächtige, ein echter Erfolg mit dem Fr.v.d.Leyen demnächst wieder merkbefreit prahlen wird. So wie sie gerne auf die Aktion Himmel verweist, die Presse wies damals auch vollmunidg auf über 12000 Verdächtige hin, die heute auch die PKS aufblähen und die Mär vom massenhaften Konsum nähren.

Doch die Aktion Himmel kommt auch bei mir zum Zuge, zuerst der Hinweis auf den Artikel beim KStA “3000 Verdächtige in NRW ermittelt”. Leider aber findet man nirgends den Hinweis, dass die Verfahren in NRW flächendeckend ohne Ergebnis eingestellt wurden, sicherlich nicht zuletzt, weil teilweise rechtswidrig gearbeitet wurde.

Genau hier ist das Problem: Verdächtige werden dank unreflektierter Presse gleich gesetzt mit Tätern und Taten. Dabei bringt die Presse Meldungen wie die Verfahrenseinstellungen nicht – lernt aber auch nicht daraus und springt jedes Mal auf den Zug auf, den die Behörden vorsetzen. Das Ergebnis ist fatal: Abgesehen davon, dass eine fester Teil unserer Gesellschaft anfängt zu glauben, dass hinter jeder zweiten Haustüre ein Kinderporno-Konsument wohnt, und sich einreden lässt, man würde selbst jederzeit zum Konsumenten werden, wenn man es sich nur oft genug ansieht, fängt der andere Teil an, das Thema zu verharmlosen, weil mit unbrauchbaren Zahlen und Unwissen um sich geworfen wird.

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