Volkszählung 2011 (Zensus 2011)
02.02.2008
Im Jahr 2011, wahrscheinlich dann im Monat Mai, wird es nochmals eine umfassende Volkszählung in Deutschland geben. Aufgrund der rechtlichen Besonderheiten in Deutschland wird es eine registergestützte Zählung, das heißt: Die Statistiken werden in erster Linie direkt über die Melderegister erhoben und nicht vollständig durch direkten Kontakt zu den Bürgern. Die Bürger selbst sollen nur durch Stichproben betroffen sein. Auch wenn es jetzt noch 3 Jahre vorher ist wirft die Volkszählung, der so genannte Zensus, schon seine Schatten voraus.
Momentan wird das Zensusvorbereitungsgesetz umgesetzt. Das heißt: Die ersten Daten fließen zum statistischen Bundesamt. An erster Stelle steht die Schaffung eines Registers von Wohngebäuden und Wohnungen in Deutschland. Dieses Register ist dann später auch die Grundlage um etwa 17,5 Millionen Bürger direkt zu befragen.
Was im Gebäude-Register gespeichert wird, ist im §2 III ZensusVBG zu finden: Insgesamt 33 Daten werden hier erhoben, die letzten zwei Punkte betreffen die Auskunftspflichtigen. Die Auskunftspflichten selbst werden umfänglich durch §10 ZensusVBG bedacht, wobei auch hier alleine Verfügungsberechtigte (also vor allem Eigentümer) der gemeldeten Gebäude weitergegeben werden.
Die Auskunftspflicht ist ein grosses Thema und obwohl man das Zensusdurchführungsgesetz noch nirgendwo findet, ist zu bemerken, wie jetzt schon betont wird, dass jeder die Pflicht zur Auskunft trägt. Diese Pflicht ergibt sich als erstes aus dem Bundesstatistikgesetz, §15 BStatG und ist in §23 BStatG sogar mit einem Bußgeld bis 5000 Euro belegt. Doch die Auskunftspflicht dort muss erst durch ein entsprechendes Gesetz konkretisiert werden. Im Mikrozensusgesetz 2005 etwa waren alle (ob Volljährig oder Minderjährig) die einen eigenen Haushalt führen auskunftspflichtig, allerdings wurde im §9 auf die Erhebung eines Bussgeldes verzichtet. Hier handelte es sich also um eine Auskunftspflicht ohne Sanktionsmaßnahmen. Es bleibt abzuwarten wie es beim Zensus 2011 aussehen wird.
Die Befragung erteilt gemischt: Mal kommen Fragesteller persönlich vorbei, mal wird ein Brief geschickt werden. Da das Bundesstatistigesetz ausdrücklich von einer Frist ausgeht ist anzunehmen, dass man dem Befragten eine Frist zur Antwort bieten muss. Die Pflicht zum Betretenlassen der Wohnung ist nicht zu erkennen und auch abzulehnen.
Kritik
Man DerWesten.de kann man z.B. das hier lesen:
Die Statistiker betonen, dass beim Zensus der Datenschutz oberste Priorität hat. Hier gelte die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, «dass Daten nur als Einbahnstraße in die Statistik fließen», sagte Bechtold.
Das ist nachweislich falsch, wenn auch im Groben erstmal richtig. Der §16 BStatG bietet viele Ausnahmen zur weiteren Verwendung, allenfalls Verwaltungsakte dürfen letztich nicht aufgrund dieser Daten ergehen. Speziell der §16 IV BStatG ist mir ob der hier erhobenen Datenberge ein Dorn im Auge:
Für die Verwendung gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften und für Zwecke der Planung, jedoch nicht für die Regelung von Einzelfällen, dürfen den obersten Bundes- oder Landesbehörden vom Statistischen Bundesamt und den statistischen Ämtern der Länder Tabellen mit statistischen Ergebnissen übermittelt werden, auch soweit Tabellenfelder nur einen einzigen Fall ausweisen. Die Übermittlung nach Satz 1 ist nur zulässig, soweit in den eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschriften die Übermittlung von Einzelangaben an oberste Bundes- oder Landesbehörden zugelassen ist.
Speziell die aktuellen Fälle von Datendiebstahl bereiten hier weitere Bauchschmerzen: Mitjeder grösseren Verbreitung dieser Daten erhöht sich das Risiko dass sie gestohlen werden können. Ich denke an CDs mit Datensätzen die verschwinden (wie zuletzt in Grossbritannien) oder auch an Laptops von Regierungsmitgliedern auf denen solche Daten (für Gesetezsentwürfe, §16 IV BStatG) gespeichert sind und die gestohlen werden (wie zuletzt bei der Bundesjustizministerin).
Neben dem offensichtlich ungewollten Datenmißbrauch bezweifle ich aber ernsthaft, dass die Daten -einmal erhoben- nur beim Zensus bleiben. Ich denke an den (unwahrscheinlichen) Fall, dass während der Erhebung dieser Daten dann doch ein “Anschlag” in Deutschland erfolgt. Grossen Widerstand, die beim Statistischen Bundesamt einmal vorliegenden Daten auszuwerten, wird es dann wohl nicht mehr geben, da jeder Strohhalm in dieser ersten Aktionistischen Phase genutzt wird.
Ich persönlich hoffe, dass die Fragesteller, die vor Ort auftauchen, ein anderes Benehmen an den Tag legen, als es von vielen Mitarbeitern der GEZ bekannt ist. Hier bleibt abzuwarten, auf welche Personen zurückgegriffen wird und wie diese geschult werden. Wenn überhaupt. Alles in allem fällt auf, dass zwar noch nicht viel an Gesetzes fertig gestellt ist, aber schon jetzt kräftig die Werbetrommel geführt wird. Hinsichtlich des objektiven Auskunftsanspruchs des Bürgers hinsichtlich des Verfahrens lässt dies schon daran zweifeln, ob man ehrlich informiert wird über Ablauf und Form des Zensus 2011.
Hinweis (19. Juni 2008): Es ist von mir eine Verfassungsbeschwerde gegen das spätere Zensusgesetz zu erwarten. Um möglichst viele Entwicklungen abzuwarten, wird diese gegen Ende der möglichen Frist (1 Jahr nach Bekanntgabe) eingereicht werden.
Links und Downloads
- Beitrag bei der Tagesschau
- Beitrag bei Heise
- Das Bundesstatistikgesetz
- Zensusvorbereitungsgesetz
- Mikrozensusgesetz 2005